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Ausgerotzt
Die Zürcher HipHopper Primitive Lyrics präsentieren sich mit ihrem zweiten Album "PLAG" erstaunlich gereift.
Aargauer Zeitung
7. Mai 1997
Es ist eine erfreuliche Entwicklung, die man gerade in der Schweizer HipHop-Szene derzeit beobachten darf: Sind Debüt-Platten der einheimischen Rapper oftmals ungehobelte Statements, eine Art erste Standortbestimmung auf Tonträger, überraschen dieselben Bands nur kurze Zeit später mit erstaunlich ausgefeilten Produkten. Erwachsenwerden im HipHop-Zeitraffer sozusagen.

Primitive LyricsSo erging es auch den Zürcher HipHoppern Primitive Lyrics: Die Mundart-Rapper haben zwar etwas länger Zeit gebraucht - immerhin stammt ihr Erstling "Halbi Nüni Chlorzicht" aus dem Jahre 94 -, doch auch das Septett überraschte in diesem Jahr mit einer erstaunlichen Steigerung. "Plag", so der Titel des Zweitlings, zeigte eine gereifte Combo mit ernsthaften Ambitionen: Fette Beats und sphärische Jazz- und Funk-Sounds erinnerten nur noch marginal an das wüste HipHop-Crossover-Gebolze, das die Lyriker noch auf ihrem Erstling geboten hatten. Die musikalische Entwicklung kam allerdings nicht von ungefähr: Rapper Redl und seine Kumpanen hatten sich für die Aufnahmen während mehrerer Wochen im Studio verschanzt und an ihren Sounds gefeilt.

Geblieben ist hingegen die Vorliebe der Mundart-Rapper für deftige verbale statements. Freilich sind die Texte der Zürcher nicht jedermanns Sache - amüsant sind sie allemal. So kann man sich dem Charme solcher Texte wie "Züri Date" nur schwer entziehen. Primitive Lyrics zeichnen in diesem Song genüsslich das allsamstägliche Leiden vieler Zürcher und Zürcherinnen: Beim ziellosen Herumzappen landen diese eben oftmals bei der Verkupplungs-Sendung "Züri Date". Welche Auswirkungen das auf das sensible Seelenleben beispielsweise eines Rappers haben kann, wird in eben jenem Track wahrlich kunstvoll beschrieben.

Wie sich die neue musikalische Orientierung von Primitive Lyrics auf ihre Live-Konzerte auswirkt, wird sich weisen. Naheliegend scheint indes, dass die Lyriker auch mit ihrer Bühnenshow etwas gemässigtere Umgangsformen annehmen werden. Waren die Konzerte früher wahre Rockkonzerte mit HipHop-einschlag, dürften die jazzorientierten Sounds der Gegenwart eine etwas andere Bühnenpräsenz erfordern. Langweilig wird diese jedoch bestimmt nicht sein - dafür sorgt allein schon die Zahl der Musiker auf der Bühne.

Lukas Rüttimann

 

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