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Primitive Lyrics

"Es isch ä Plag..."

Basler Zeitung

16. Juni 1997

Die seit 1991 existierenden "Primitive Lyrics" sind nicht nur eine der ältesten Hip-Hop-Bands der Schweiz, sondern auch eine der innovativsten. Am Samstag machte das Zürcher Septett in der Kulturwerkstatt Kaserne halt.

 

Einen Hip-Hop auf Schweizerdeutsch gibt es bekanntlich nicht erst seit gestern. Man denke alleine schon an die seit Jahren aktiven Basler Acts: "P-27", "Black Tiger" und die charismatische Luana sind nur Beispiele einer sehr kreativen Hip-Hop-Szene.

Dennoch sind viele der rappenden Eidgenossen nach Jahren des Fristens im Untergrund erst jetzt ein massenkompatibles Thema geworden. Zumindest sehen es die grossen Plattenfirmen so. Zum Beispiel Sony Music, sie hat mit "Subzonic" und "Wrecked Mob" kürzlich zum ersten Mal zwei Mundart-Hip-Hop-Bands unter Vertrag genommen. Das wachsende Interesse am Hip-Hop in der eigenen Landessprache sei eine Entwicklung, die in Deutschland dank Bands wie den "Fantastischen Vier", "Bürger Lars Dietrich" oder "Fettes Brot" schon lange stattgefunden hätte und nun auch auf die Schweiz überschwappen würde. Dies die Erklärung von Sony Music für das plötzliche Interesse am einheimischen Hip-Hop-Schaffen seitens der Plattenindustrie.

Eine der ältesten Mundart Hip-Hop-Bands überhaupt sind "Primitive Lyrics" aus Zürich. Das 1991 gegrüdete Septett – bisher übrigens noch bei keiner der grossen Plattenfirmen untergekommen – hat erst kürzlich sein zweites Album, "Plag" (die Plage), veröffentlicht und eine Tournee durch die Schweiz gestartet.

Am Samstag abend machten die Pioniere des inländischen Hip-Hop in der Kulturwekstatt Kaserne halt. Und was sie dem Publikum boten, kam nicht überraschend: Die auf "Plag" vollzogene Entwicklung vom reinen Rap mit Samplings in Richtung mehr Live Musik setzten die sieben Musiker auch auf der Bühne gekonnt um. Es war ein lebhafter Auftritt mit vielen starken Reimen der beiden Rapper Redl und Oliver Baumgartner und einer überzeugenden Instrumentierung.

Die Musik, und dabei vor allem der rhythmnische Boden, hätte in sich schon derart viel Kraft, dass es nichts ausmachte, wenn von Zeit zu Zeit gewisse Textzeilen aus akustischen Gründen untergingen. Mit ihrem Mix aus Digitalem und Analogem schafften "Primitive Lyrics" schon nach wenigen Minuten eine intensive Stimmung, von der sich das Publikum während anderthalb Stunden treiben liess. Und ihrer Behauptung, zu den innovativsten Hip-Hop-Bands zu gehören, wurde die Band ebenfalls gerecht. Mit Plattenspielern, Blockflöten und Bongos bekämpfte das Septett diejenige Gleichförmigkeit, über die es sich in einem Interview kürzlich geärgert hatte.

Dort hiess es, die Schweizer Hip-Hopper liessen sich viel zu oft manipulieren. Man verstünde sich zwar als Bewegung, würde sich dadurch aber nur gegenseitig fixieren. Deshalb klinge der Sound vieler Hip-Hop-Bands wie vor zehn Jahren, nur die Klamotten hätten sich geändert – ein hartes Urteil über eine Szene, die von den "Primitive Lyrics" selbst seit sechs Jahren entscheidend mitgetprägt worden ist.

(marco lehtinen)

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