Musik Spezial: Mit «PLAG» scheint Ihr Euch gegen die Plagen des Alltags oder mehr noch, der Gesellschaft, zu wehren. Ihr seid ja noch böser geworden! Baumi: Nicht böser, lebensnaher. Oder direkter. Wir achten nicht mehr so sehr auf political correctness. Ivo: Das ist die Folge einer Darwinistischen Entwicklung (alle grinsen). Klingt gut, nicht? Kay-Zee: Die «PLAG»-Songs sind aktuell und drücken aus, was wir hier und heute fühlen, ganz nach der Devise: Jetzt oder nie. Die Texte sind teilweise ziemlich aggressiv, was für die Schweizer Szene eher ungewöhnlich ist . Ivo: Wir gehen unseren Weg und versuchen, uns nicht manipulieren zu lassen, wie dies in der Schweizer Hip Hop-Szene leider oft der Fall ist. Baumi: Genau, die CH-Szene ist diesbezüglich recht mühsam, indem man sich als Bewegung versteht und sich dadurch gegenseitig fixiert. Deshalb bleibt die Szene auch stehen, der Sound klingt wie vor zehn Jahren, nur trägt man heute andere Klamotten. Es mangelt an Innovation. Und Ihr seid innovativ? Kay-Zee: Na klar, das gehört zu unserem Standard. Baumi: Wir haben mit Rap begonnen, sind aber stets auf der Suche nach Neuem und Anderem. «PLAG» ist zwar nach wie vor getragen von Rap und Hip Hop, klingt aber ganz anders als zu unseren Anfangszeiten. Wir haben viel über den Haufen geworfen. Ivo: Die Verbesserungen kamen nicht nur durch das Verwerfen von Schlechtem zustande, wir haben auch Gutes geopfert. Was konkret ist denn neu an «PLAG»? Kay-Zee: Vor allem der Mix aus Livemusik und Samplings. Baumi: Wir haben in neuen Studios gearbeitet und die technischen Möglichkeiten voll ausgenützt. Frühere Alben haben wir in zwei Wochen eingespielt, dieses Mal dauerte es zwei Monate. Ivo: Man kann eigentlich sagen, dass der Studioaufenthalt bei Netz Moeschi in Uznach und bei Pistorio & Wüthrich in Altstetten dieses Mal unsere wichtigste Inspirationsquelle war. Diese Begeisterung an den technischen Möglichkeiten trägt ja noch andere Früchte. Zum «PLAG»-Release bietet Ihr auf Eurer Homepage ein Interactive-Game an. Ihr liegt also ganz im Trend. Ivo: Auf dem Internet waren wir schon sehr früh. Das hat nichts mit dem Trend zu tun. Kay-Zee: Das Internet ist eines unter vielen Medien, das man ausprobieren sollte. Ivo: Das Verlockende daran ist die Grenzenlosigkeit. Zudem können wir jeweils nachschauen, wann unser nächstes Konzert ist. Nochmals zurück zu Euren Texten: Ihr scheint Euch in der heutigen Zeit schon nicht gerade wohl zu fühlen. Baumi: Es gibt Dinge, die mich aufregen, und die sage ich, aber deswegen bin ich kein Revolutionär, wenn Du darauf hinaus willst. Denn es gibt auch Dinge, die ich geil finde, und die sage ich auch. Ich weiss, dass wir früher als Revoluzzer innerhalb der Szene galten. Das ist Nonsens, wir wollen in keiner Art missionieren. Rap und Hip Hop sollen auch lustig und entspannend sein. In den Hip Hop werden viel zu viele Klischees hineinprojiziert. Wir sind überhaupt nicht so, wie manche Leute meinen. Kay-Zee: was aber nicht bedeutet, dass wir unsere Sache nicht ernst nehmen. Das direkte und unmissverständliche Ausdrücken von Dingen, die Euch missfallen oder gefallen: ist es das, was Ihr meint, wenn Ihr (in der Presse- dokumentation) sagt, dass Ihr den Hip Hop nicht nur spielt, sondern lebt? Kay-Zee: Ja, das könnte man so schon sagen, obwohl «Hip Hop leben» etwas gar abgehoben klingt. Baumi: Nochmals: wir sind weder Revoluzzer noch Missionare. Wir machen unsere Musik thats it. Interview: Frank von Niederhäusern |
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Im Titelstück ihrer neuen
Scheibe «PLAG» üben sich Primitive Lyrics zwar im
munter verspielten Freestyle. Doch Plag (hauchdeutsch:
Plage, die) steht als Motto durchaus über einem
Grossteil der 15 Tracks. PL sind direkter geworden, was
ihre Texte anbelangt, aggressiver auch (siehe Interview),
und so nennen sie die Plagen des Alltags beim Namen: die
Polizei («Dunkel») und Repressionen jeglicher Art
(«Nimm di zäme»), das Musikbusiness («Estata
Novantasette»), Drogen («Chorus zum Vorus») und
Patricia Boser («Züri Date»). Um in einer solcherart
geplagten/plagenden Umwelt zu überleben, ist hin und
wieder purer Fun angesagt, eben beispielsweise ein
harmloser Freestyle (Baumi: «Rap sollte auch lustig und
unterhaltsam sein»). Die Sounds auf «PLAG» sind
gegenüber früher ausgefeilter. PL lassen sich zwar
nicht gerne auf Etiketten festlegen, doch ohne geht es
nicht, wenn man den Sound der Zürcher (schriftlich, also
tonlos) erklären soll. Was geblieben ist: der an sich
schon melodiöse, unverkennbare PL-Rap, tänzelnd auf
dumpf fun- kigem Bass und wirbligen Samples. Was neu ist:
eine stärkere Hinwendung zu DrumnBass und
düsteren Trip Hop-Loops, eine italienische
Dancefloor-Schnulze und ein jazziger Schlusspunkt. fn. PRIMITIVE LYRICS, PLAG (the lABEL/LEBeAU 02, VERTRIEBEN DURCH TUDOR). RELEASE AM 29. MÄRZ. DAS PL-INTERAcTIVE-GAME IST AB 1. APRIL UNTER WWW.PRIMITIVELYRICS.CH ABRUFBAR. PL ON STAGE: 2. 5. ZÜRICH, KASERNEN OPEN AIR; 3. 5: THUN, CAFE MOKKA; 6.5.: WINTERTHUR, GASWERK; 7.5.: BERN, ISC; 10.5.: ZOFINGEN, OCHSEN; 16.5.: BADEN, INOX; 17.5.: LUZERN, SCHÜÜR; 24.5: WETZIKON, KULTI; 31.5.: ST. GALLEN, GRABENHALLE; 6.6.: AARAU, KIFF; 13.6.: ZÜRICH, ROTE FABRIK; 14.6.: BASEL, KASERNE; 20.6.: BACHS, NEUHOF; 23.8.: FRIEDLlSBERG, PEACE MOUNTAIN OPEN AIR. |
© DAZ Musikspezial "If i
can't dance to it, it's not my revolution" |