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Primitive Lyrics

Die Fantastischen 7

music scene

April/Mai 1997

Sie gelten als die erste Schweizer Mundart-Hip-Hop-combo und rappen und grooven seit sechs Jahren, was das Zeug hält: Primitive Lyrics aus Zürich. Im vergangenen Winter spielten sie ihr neues Album "Plag" ein. Sie wären heute noch daran, hätten sie nicht irgendwann ein Releasedatum festgelegt.

Vorsicht: Ihr Name ist nicht Programm. Primitive Lyrics (PL) sind keine naiven Rapper, die sich ungehobelt und primitiv benehmen und dadurch Beachtung erhalten. Im Gegenteil: Ihre Texte haben sich im Laufe der Zeit gemässigt, sind natürlicher geworden. Rappten sie auf ihrem Debütalbum, "Halbi Nüni Chlorzicht" noch über die Räumung des Wolgroth-Areals oder nervten sich über den "Blick", so haben sie sich nun mehr auf kleine, eigene Geschichten beschränkt. "Die Texte auf unserem neuen Album "Plag" sind viel persönlicher", erklärt Baumi, der zusammen mit Redl das Lyrikerteam bei PL ausmacht. "Früher hatten einige unserer Lyrics noch einen missionarischen Touch. Den haben wir abgestreift. Heute rappen wir nicht mehr für die Leute, sondern für uns. Vielleicht wirken sie etwas belangloser als jene auf der ersten CD. Doch das ist uns egal. Wichtig ist, dass die Texte aus unserem Leben kommen."

Vom Geheimtip zum Top-Act

Viel Wasser ist die Limmat heruntergeflossen, seit PL anno 1991 erstmals auftraten. Vier Bands hatten sich an diesem spontanen Abend gegründet, PL sind die einzigen, die es heute noch gibt. Ihren Namen haben sie, trotz der mangelnden Identifikation, bis heute behalten. "Wegen des Wiedererkennungswertes", sagt Baumi. Kaum einer der jungen Zürcher ahnte damals, dass PL einmal zu einer festen Institution im Schweizer HipHop würden. Mit ihrer Maxi "Tescht" avancierten sie zu Zürichs Geheimtip, bevor sie 1994 mit ihrem Debüt den nationalen Durchbruch schafften. PL vereinten HipHop mit Rockmelodien, verwandelten die Clubs mit ihren Liveauftritten in regelrechte Hexenkessel. Mit ihrer Maxi "Druck vo allne Siite" schlugen sie eine neue Richtung ein. Beats und Samples von DJ Kay’Zee dominierten die Songgebilde, eingängige Melodien wurden in den Hintergrund gedrängt. Diesen Weg haben sie mit "Plag" noch direkter eingeschlagen. "Früher hatten wir den Grundsatz, dass wir im Studio nur live einspielen sollten", erklärt Kay-Zee. "Doch wir haben gemerkt, dass die Songs so klingen müssen, wie wir sie uns vorstellen. Da haben wir uns der Technik zugewandt." Die Harmoniker in der Band mussten zurückstecken. Dass dies geklappt hat, ist auf die gegenseitige Toleranz zurückzuführen. "Solange der Sample als Bereicherung eingesetzt wird, ist der Einsatz der Technik okay", erklärt Gitarrist Ivo. Rapper Baumi meint: "Im Vordergrund steht bei uns die Musik und nicht die Personen."

Das Resultat ist eine CD, die von Sounds dominiert wird. PL haben sich für die Möglichkeiten der 90er entschieden. Da sickert mal ein Spürchen Acid Jazz durch ("Netzwerk"), dort findet man TripHop-Einflüsse ("Nimm di zäme"). Unzählige Stunden haben sie an "Plag" herumgetüftelt. Manche Texte wurden über Nacht geändert, entstanden innert kürzester Zeit. Ebenso lief es mit dem Songwriting. Und hätten sie kein Releasedatum festgelegt, wären die Fantastischen 7 vielleicht heute noch daran. Trotz der Veränderungen sind PL eines geblieben: eine Band, deren Wurzeln in Zürich liegt. Eine Band, die der Zürcher Jugend aus der Seele spricht.

Marc Krebs

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